Samstag, 6. Oktober 2012

Rilke und die Frauen

Als junger zwangzigjähriger Bursche beschrieb der junge Rilke in seinem schwärmerischen Text: Die einzige Gnade, die er erflehe, sei dass seine Werke "ein zartes Echo in den Herzen hübscher Frauen" finden möchte. Des öfteren beschreibt Rilke, dass die Frauen die vollkommensten Wesen seien über die man schreiben könne. Die unbekannte Frau wird von Rilke angebietet wie eine Göttin, die helfen soll die richtigen Worte zu finden. Eine Muse solle sie sein.

Gleichzeitig ist Rilke vor der Liebe, die er so sehr schätzt und verehrt auf der Flucht. Immerzu sucht er eine neue Muse und idealisiert die Liebe zu etwas, was in seiner Realität keinen Bestand hat. Auf der vergeblichen Suche nach der einen großen Liebe findet er viele kleine. Mit den Frauen lebt er eine Weile zusammen. Er gewinnt die Frauen durch seine Worte. Sie liegen ihm zu Füssen. Er ist ein regelrechter Frauenverführer. Beinahe schon ein Gigolo. Er läuft seinem Traum nach Liebe nach und perfektioniert diese Sehnsucht in seinen Gedanken, ohne jemals langsfristig anzukommen. Seine Frauen leben jedoch nicht von ihm. Sondern es ist genau umgekehrt. Er lebt von ihnen. Rilke nimmt ihr Geld und gibt dafür schöne Worte. Später erfindet er diese Begegnungen in seinen Texten neu. Die längst verblassten oder vergessenen Lieben werden zu einem Ideal stilisiert. Und erst, wenn die Liebe fast vergessen ist, dann gehören sie ihm. Dann erst kann er sie aufrichtig lieben und feiert sie.

Rainer Maria Rilke macht wirklich keine glückliche Figur in Beziehungsthemen. Rilke schaffte es, aus narzisstischer Neigung zum Selbstmitleid so etwas wie unwiderstehliche Anziehungskraft auf das schöne Geschlecht umzukehren. Man kann die Rede von der "gehobenen Eintänzermanier" bemühen, mit der sich der Dichter von vermögenden Frauen aushalten ließ.

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